Rohrkrepierer

Die Bürger waren froh.

Nach jahrelangen Beschwerden über Lärm, Staub und Gestank vom Asphaltmischwerk sollte endlich der Lärm bei der Bahnentladung gemessen werden.

Das hatte es in all den Jahren noch nie gegeben: Lärmmessung beim Verladebetrieb am Industriegleis!

Wohlweislich gab es seitens der Umweltbehörden im Vorwege hierzu keine Informationen an den Werksbetreiber. Schließlich wollte man doch wirklichkeitsnahe Messergebnisse gewinnen.

Die Gesamtkosten dieser Aktion waren noch unklar, könnten aber sicher beträchtlich werden. Man stelle sich vor, es müssten Lärmschutzmaßnahmen ergriffen werden.

Sollte also der zulässige Lärmpegel bei der geplanten Messung nicht überschritten werden, ließen sich erhebliche Vorsorgekosten einsparen!

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, dachte da wohl jemand.

Huch, auf rätselhafte Weise erfolgte die Lärmmessung tatsächlich unter ausgesprochen untypischen Bedingungen.

Anstelle von polterndem, grobem Gesteinsmaterial wurde nur feinkörniges, beim Entladen „flüsterndes“ Material  bewegt. Die Handhabung des Baggers erfolgte betont sensibel. Die zwei Dieselloks standen nicht, wie gewohnt, über mehrere Stunden vor dem Messpunkt und brachten somit keine Gläser im Wohnzimmerschrank zum Klirren. Nur  e i n e  Lok war sichtbar, die sogar zeitweise ihren Dieselmotor stoppte. Auch ertönte  k e i n  lautes Hupsignal, wenn ein LKW fertig befüllt war – bei 42 Waggons macht das sonst an gewöhnlichen Tagen immerhin v i e r u n d a c h t z i g (84) Mal in einer Schicht Krach…

Die Deutung dieser mysteriösen Phänomene bleibt dem mündigen Leser überlassen.

So weit, so gut. Doch diese Ereignisse hatten einen unerwünschten Nebeneffekt. Sie enthüllte den Prüfern ein weiteres Problem. Beim Entladen und Ablagern des Materials wurden erhebliche großflächige Staubnebel aufgewirbelt und verteilt, die vom Winde verweht wurden. Nordwind sorgte zum Glück dafür, dass wir an diesem Tag davon weitgehend verschont blieben.

Schon lange hatten die Anwohner gefordert, diese unzumutbaren Staubbelästigungen zu verringern, da sie bei Bürgern zu Kratzen im Hals, Hustenreiz, Atemnot und Nasenbluten führen. 

In Staubpartikeln von den Grundstücken der Anwohner wiesen Fachleute bereits PAK-Anteile nach, die als krebserregend gelten.

Noch nie zuvor jedoch wurden diese Staubbelastungen behördlich überprüft.

Nun schienen die Prüfer unangenehm überrascht zu sein.

Erschwerend kommt hinzu, dass gemäß Bebauungsplan zwischen dem Asphaltmischwerk und dem unmittelbar angrenzenden Wohngebiet ein Grüngürtel in Form eines lärm- und staubmindernden Waldes liegen sollte. Dieser wurde aber schon vor Jahren gerodet und als Großparkplatz eingerichtet.

Obendrein wurden in der Vergangenheit weitere gravierende Mängel bezüglich des Asphaltmischwerks aufgedeckt (z.B. technische Störfälle, fehlender „Stand der Technik“, ungeeignete Messpunkte, Nichteinhaltung von Abstandsregeln und Arbeitszeiten, Missachtung von Arbeitsauflagen).

Ein Körnchen Hoffnung begleitet nun die Sandduschen, die viele Anwohner plagen. Können sie bald aufatmen, weil womöglich Belastungen aller Art verringert werden?

Doch wann finden dazu endlich quantitative und qualitative Staubmessungen statt?

Nicht auszudenken, dass wieder alles im Sande verläuft, wie gewohnt!

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